Anleihekaufprogramm der EZB
Mario Draghi sieht noch eine „ganze Zeit lang“ Spielraum für weitere Anleihekäufe.
Das am Donnerstag beschlossene Anleihekaufprogramm der EZB könnte 2021 an bislang geltende Grenzen stoßen, geht aus einer Analyse der Commerzbank hervor. „Nach unseren Berechnungen wird dies bei monatlichen Nettokäufen von 20 Milliarden Euro und einem Festhalten am Kapitalschlüssel Anfang 2021 der Fall sein,“ sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.
Auch bei den niederländischen Staatsanleihen bestehe ein ähnlicher Engpass, während bei den Anleihen der anderen großen Euro-Länder der Spielraum größer sei, fügte Krämer hinzu.
Unter der Leitung des scheidenden EZB-Präsidenten Mario Draghi hat der EZB-Rat am Donnerstag die Wiederaufnahme des Anleihekaufprogramms beschlossen. Ab November wird die Europäische Zentralbank gemeinsam mit den nationalen Zentralbanken monatlich wieder Anleihen von Staaten und Unternehmen mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro netto erwerben. Bislang kauften sie nur so viele Anleihen, wie durch Fälligkeit aus dem alten Programm rausfallen, um das Gesamtvolumen von 2,5 Billionen Euro konstant zu halten.
Nach der aktuellen Regelung dürfen die EZB und die nationalen Zentralbanken zusammen nur maximal 33 Prozent des Gesamtvolumens von Anleihen eines Staates kaufen. Bei den Bundesanleihen wurde so bereits ein Volumen von 31 Prozent erreicht, heißt es in der Analyse.
Da sich das Anleihekaufprogramm proportional am Kapitalschlüssel der EZB orientiert, dürfen bislang keine Anleihen anderer Staaten beim Erreichen der Obergrenze gekauft werden.
Die Analysten der Commerzbank rechnen daher damit, dass die EZB eine Anhebung der bisherigen Obergrenze auf 40 Prozent im kommenden Jahr beschließen und zusätzlich das Anlaufprogramm ab Frühjahr kommenden Jahres auf 30 Milliarden Euro netto ausweiten wird.
Sie gehen davon aus, dass bei einem Kaufvolumen von 20 Milliarden Euro etwa zwei Milliarden Euro in deutsche Staatsanleihen investiert werden. Bei einem geschätzten Puffer von insgesamt 30 Milliarden Euro bis die 33 Prozent Grenze erreicht ist, werden die Zentralbanken voraussichtlich Anfang 2021 an diese Grenze stoßen.
Sollte das Programm auf 30 Milliarden ausgeweitet werden, wäre der Grenzwert sogar Ende 2020 erreicht. Möglich wäre auch eine geänderte Kaufaktivität der Zentralbanken, die stärker als bisher vom EZB-Kapitalschlüssel abweicht. Bislang sind rund 26 Prozent aller angekauften Staatsanleihen Schuldscheine des Bundes.
Mario Draghi hatte auf Nachfrage kurz nach der Entscheidung des Rates gesagt, die EZB habe einen „entsprechenden Spielraum, um mit diesem Rhythmus eine ganze Zeit lang weiterzumachen, ohne dabei die Diskussion über die Obergrenzen aufzunehmen.“
Die Obergrenze von 33 Prozent wurde unter anderem auch deshalb eingeführt, um den Vorwurf entgegenzutreten, das Euro-System betreibe mit seinem Anleihekaufprogramm eine monetäre Staatsfinanzierung. Diese ist laut Europäischen Verträgen verboten.
Bei der juristischen Überprüfung des Anleihekaufprogramms hatte der Europäische Gerichtshof der EZB einen weiten Spielraum eingeräumt. Nach Ansicht von Beobachtern sollte eine Anhebung der Obergrenzen daher auf EU-Ebene juristisch kein Problem sein.
Beim Bundesverfassungsgericht steht ein abschließendes Urteil zum Kaufprogram allerdings noch aus. In einem Vorabbeschluss hatten die Karlsruher Richter geschrieben: „Es bestehen Zweifel, ob der PSPP-Beschluss mit dem Verbot einer monetären Haushaltsfinanzierung vereinbar ist.“
Inwieweit eine Anhebung der Obergrenze für Anleihekäufe aber den Tatbestand der monetären Haushaltsfinanzierung erfüllt, ließ das Gericht jedoch offen.
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